Senthuran Varatharajah – Vor der Zunahme der Zeichen

Varatharajah ZunahmeMit 16 oder 17 habe ich angefangen, mich für philosophische Texte zu interessieren und eines der ersten Bücher, die ich mir kaufte war Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“. Natürlich habe ich nichts verstanden von dem, was da steht, aber es gab doch immer wieder Sätze, die mich getroffen haben, nicht weil ich sie verstanden hätte, sondern eher weil ich sie seltsam berührend fand. Was sich natürlich am „Tractatus logico-philosophicus“ auch ohne Verständnis der Abhandlung beim Lesen erschließt, ist die Dramaturgie des Textes: Er beginnt mit „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ und endet mit der dem berühmt gewordenen „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen“, das ist ja ein Ende, das einen durchaus trifft, auch wenn man dazwischen nichts versteht, und es ist gedanklich wie ästhetisch schön, wie dieser Satz, in dem es um die Unmöglichkeit des Sprechens geht, die Grammatik bricht, hier wird ja ein ungewöhnliches Satzkonstrukt gewählt mit dem „wovon/darüber“.

So ähnlich ist es mit „Vor der Zunahme der Zeichen“ von Senthuran Varatharajah, und ich würde lieber nicht über dieses Buch schreiben, weil ich es nicht erfassen kann (im Sinne von „verstehen“ wie von „umfassend würdigen“), auch wenn es mich trifft, und weil ich nicht weiß, wie ich darüber angemessen schreiben soll, und weil ich einfach besser darin bin, Bücher zu verreißen, als über solche zu schreiben, die ich wirklich richtig gut finde. Und diesen Roman finde ich richtig gut, weil er tatsächlich so mutig ist, bewusst etwas neu zu gestalten, was auch noch schön gelingt und dabei klug ist. Sprachlich, kompositorisch und inhaltlich. Aber ich versuche es eben, das mit dem „darüber-schreiben“.

Handlungslosigkeit

Dabei ist es kaum möglich, den Inhalt zusammenzufassen, weil es letztlich keine richtige Romanhandlung gibt, was aber eben nicht bedeutet, dass keine Handlungen erzählt werden. Im Gegenteil: Es gibt eine Vielzahl von Handlungssträngen die durch Motive und wiederkehrende Formulierungen oder Fragestellungen verbunden sind. Es gibt also keine Handlung und es gibt eben doch Handlung, es gibt auch so etwas wie eine Handlungsentwicklung, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob man von einem „Fortschreiten“ der Handlung sprechen kann. Das korrespondiert mit der gewählten Form: Die beiden Studenten Valmira Surroi und Senthil Vasuthevan beginnen einen Chat auf facebook, weil Valmira Senthil als Person, die er vielleicht kennen könnte, vorgeschlagen wurde. Die beiden schreiben einander sieben Tage lang und erzählen dabei von der Flucht der Eltern, die sie im Kindesalter erlebt haben – Valmiras Eltern stammen aus dem Kosovo, Senthils aus Sri Lanka –, von den Umständen in den Herkunftsländern der Eltern, vom Auswachsen in Asylbewerberheimen und vom Leben in einem Land, das den Eltern nie ein Zuhause sein wird. Vor allem aber geht es auch um den Umgang mit Sprache und Sprachlosigkeit, um die Wirkung und Wirkungslosigkeit von Sprechakten und um den Versuch, mit Unsagbarem umzugehen. Und das ist sehr klug und das ist sehr schön und verstanden habe ich davon nur Bruchteile, was ja aber nicht nur in Ordnung, sondern nur konsequent ist, da sich die Schwierigkeit des Sprechens eben in der Schwierigkeit des Verstehens wiederfindet.

Interessant ist dabei gerade der Aufbau des Romans: Da ist zum einen der motivische Rückgriff auf die Schöpfung, indem die Handlung in sieben Tagen angeordnet ist, ohne das etwas erschaffen würde. Da ist das chronologische Hin- und Herwandern in der Zeit, das aber dennoch insofern eine chronologische Rückwärtsanordnung enthält, als das Gespräch für beide zu einem gegenwärtigen Zeitpunkt beginnt und mit dem Erzählen von der Ankunft in Deutschland endet. Und da sind immer wieder auftretende Motive, die die Beiträge der beiden Figuren und die Romanhandlung(en) im Ganzen zusammenhalten und die dem Roman etwas sehr musikalisches geben. In „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner beispielsweise gibt es das sog. „Seufzermotiv“, das immer wieder in die Komposition eingeflochten wurde und das so die Handlung der Oper nicht nur verbindet, sondern auch prägt, weil eben dieses Seufzen die Grundatmosphäre der Komposition festlegt. Und eine ähnliche Technik findet sich in „Vor der Zunahme der Zeichen“ auch, allerdings mit einer größeren Bandbreite an Motiven, die sich zum Teil auch gegenseitig ablösen und überlagern. So gibt es Fragestellungen, die den ganzen Roman durchziehen und zusammenhalten, insbesondere die Frage nach dem (Er)Kennen des Gemeinsamen, die mit der Frage beginnt, ob man sich tatsächlich kenne, wie Facebook es vorschlägt, und die sich fortspinnt über die Suche nach gemeinsamen Orten, gemeinsamen Bekannten, Parallelen in der Vergangenheit, Parallelen in der Vergangenheit der Eltern, ohne das freilich behauptet würde, dass Gemeinsamkeiten dazu führten, dass die Dinge, die erlebt wurden, identisch seien. Eben das sind sie immer wieder nicht, auch wenn beide Figuren ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sind sie sehr unterschiedlich und versuchen auch nicht, diese Differenzen einzuebnen. Die Beiträge der Figuren scheinen nicht direkt aufeinander zu antworten, wirken mithin monologisch, wie fein sie jedoch aufeinander bezogen sind, bemerkt man, wenn man eben auf die kleineren Motive oder Formulierungen achtet, in denen beide Figuren sich gegenseitig zitieren: So nur als Beispiel die Farbmotivik insbesondere der Farben blau und rot, aber auch der Farben grün und lila, die mit Valmiras Beschreibung von Gemälden Francis Bacons einsetzt (S. 111f.), von ihr bei der Beschreibung von Steckbriefen von Vermissten aufgegriffen wird (S. 127) und von Senthil unter anderem bei der Beschreibung von Hämatomen eines Jungen aus seinem Kindergarten (S. 161) aufgenommen wird. Die Farben blau und rot verbinden dies aber auch mit Senthils Freundin Ahila (S. 148), den unterschiedlichen Arten von Pässen (S. 124) und dem per Luftpost verschickten Briefen eines Onkels (S. 134). Keine Ahnung, ob diese Farben eine symbolische Bedeutung haben, was sie aber für den Text leisten, ist Kohärenz und also Einverständnis zwischen den Figuren, die zwar jeweils für sich, aber durchaus auch miteinander sprechen, auch wenn sie sich kaum direkt antworten oder direkt Fragen stellen. Ähnliches bewirkt die Formulierung „eine Sprache würde man erlernen, indem man die Worte der anderen, indem wir fremde Wörter für die eigenen“ (S. 195) hält, mit der Valmira die Worte ihres Vaters wiedergibt, der mit ihr im Asylbewerberheim Kinderserien auf Deutsch im Fernsehen angesehen hat. Die nahezu identische Formulierung verwendet Senthil auf S. 208, allerdings legt er sie seiner Mutter in den Mund. Auch der Kontext, in dem die Mutter die Worte gesagt haben soll, ist ähnlich. Ähnliches bewirkt auch Valmiras Erzählen von zwei auf die Williamsburg bridge gemalten Figuren am Anfang des Romans, das in der zweiten Hälfte des Romans von Senthil aufgenommen wird. Oder den Tod als Anfang der Sprache und das „A“ als Totenhaus. Oder oder oder.

Und insofern ist der Roman ein monologischer Dialog. Die beiden sprechen nicht im klassischen Sinne direkt miteinander und sprechen doch direkt miteinander. Es gibt Erfahrungen, die kann man nicht vermitteln und erklären, die erahnt aber jemand, der sie selbst in ähnlicher Weise gemacht hat, ohne Erklärung. Valmira und Senthil befinden sich hier in einem solchen durchaus sehr intimen, auch sehr zarten Einvernehmen: Immer wieder erklären sie einander nicht, was sie meinen, buchstabieren Erlebnisse und Gedanken nicht aus, sondern schreiben einander „du weißt“. Und der andere weiß. Und der andere fragt nicht nach, weil es Dinge gibt, die von alleine erzählt werden müssen, weil nach ihnen zu fragen eine Grenze überschreiten würde.

Ortslosigkeit

Überhaupt sind Grenzen – sprachliche, geographische, unausgesprochene und unaussprechbare – ein zentrales inhaltliches wie strukturelles Element des Romans. Das Überschreiten geographischer Grenzen durch die Eltern von Valmira und Senthil ist ja die Bedingung für das, was beide dann erzählen. Die dadurch entstandene Ortlosigkeit der Eltern, die sich auf die Kinder überträgt – auf Senthil, der aufgrund seines Aussehens Ausgrenzung erfährt, stärker als auf Valmira, die für eine Deutsche gehalten wird, wenn man ihren Nachnamen nicht kennt – ist Grundbedingung des Erzählens: Erzählt wird nicht nur von Flucht und also dem Verlieren eines Ortes, erzählt wird auch von unterschiedlichen Orten, an denen die Figuren waren oder gelebt haben, und erzählt wird im Internet, also an einem ortlosen Ort, der sich dadurch auszeichnet, dass man keine feste Adresse braucht und dass er von überall ausgehend erreichbar ist. Zum Teil antworten die Figuren einander ja, wie an den kleinen Symbolbildchen zu erkennen sind, über das Handy, also eben nicht von festen Orten aus. Sie haben keinen festen Ort und nimmt man die Prognose der Figuren auf der Williamsburg bridge ernst, so werden sie auch keinen haben (S. 12), sondern sie „werden flüchtig sein“, werden in Bewegung sein, wie ein Fluss. Das passt deswegen ganz schön, weil immer wieder auf das Wasser als Ursprung aller Dinge und also auf Thales von Milet Bezug genommen wird: „das prinzip aller dinge ist das wasser, aus wasser ist alles und in wasser kehrt alles zurück, es nimmt und nimmt gedächtnis.“ (S. 137) Die permanente Bewegung, das ständige Fließen und also die Ortlosigkeit gehört zu diesen Figuren, zu Senthil ein wenig offensichtlicher, der diesen Satz schreibt, aber ganz klar auch zu Valmira, deren Name „gute Welle“ bedeutet und die also schon namentlich mit dem Wasser und also dem Fließen verbunden ist.

Sprachlosigkeit

Senthil dagegen ist namentlich mit der „Schlange“ verbunden, auch Devanagari, die Schrift der Religion der Mutter, des Hinduismus, vergleicht er mit dem Aussehen von Schlangen (S. 212) und er berichtet davon, dass er in der Grundschule, als er seinen Initialbuchstaben mit einem Tierbild darstellen soll, die Schlange gewählt hat. Senthil schreibt im Roman ausschließlich in Kleinbuchstaben, Valmira in Groß- und Kleinbuchstaben, zum einen, weil Valmira, wie sie selbst erzählt, für eine Deutsche gehalten wird, wenn man ihren Nachnamen nicht kennt, was bedeutet, dass ihr auch Sprachkompetenz zugestanden wird. Senthil dagegen, der schon aufgrund seiner dunkleren Hautfarbe Ausgrenzung erfährt und dem Sprachkompetenz damit eher abgesprochen wird, verwendet nicht nur die eigenständigere, aufgebrochenere Syntax (man denke bitte auch an die von mir eingangs erwähnte ganz eigene Syntax des Wittgenstein-Satzes), sondern auch die Kleinbuchstaben. Vor allem aber könnte es hierbei auch um das Schriftbild gehen: Die Kleinbuchstaben könnten Devanagari optisch näher stehen, vor allem aber stellt Senthil selbst einen Bezug zwischen dem Schriftbild des Wortes „mississippi“ und dem Fließen von Wasser her (S. 219), die Verwendung von Kleinbuchstaben könnte hier also auch wieder die Bedeutung des Wassers für den Roman spiegeln.

Überhaupt, die Bedeutung von Namen: Valmira lässt sich nach einiger Zeit „Mira“ nennen, und wird damit vollständig für eine Deutsche gehalten, Senthil dagegen büßt die richtige Aussprache seines Namens – sendl – in Deutschland ein. Die Figuren verlieren also in Deutschland ihre Namen, ihr Bezeichnendes. Das ist nur ein Moment der Sprachreflexion, die dieser Roman leistet, neben dem Thema der Migration ist „Sprache“ das zweite zentrale Thema, mit dem sich Varatharajah hier beschäftigt. Wenn Bezeichnendes und Bezeichnetes auseinanderfallen, und das ist beiden Figuren bewusst, kann nichts gesagt und nichts vermittelt werden. Das wird so nicht nur explizit geäußert, es wird auch an der ständigen Verwendung des Konjunktivs inbesondere durch Senthil, durch die Reflexion über die Mehrdeutigkeit von deutschen Wörtern („ausweisen“ kann bedeuten, dass man seine Identität belegt oder dass man das Land verlassen muss, als Beispiel) und durch die den Roman durchziehenden mehrfachen Bedeutungsebenen deutlich. Fragt Valmira nach Senthils Vater, so spricht er über Gott und über seinen leiblichen Vater. Nie ist klar, was das Bezeichnete sein soll, der Leser muss alle möglichen Assoziationen und Bedeutungen mitdenken, ebenso wie Senthil und Valmira das tun. Deswegen ist der Roman so wunderschön, weil er so vielschichtig ist.

Und wegen dieser Sprache, die eine ganz eigene, sehr schöne Schwere hat. Gesagt und erklärt werden kann nichts, deswegen erzählen die Figuren nicht, viel mehr singen sie, jede für sich und doch miteinander. Die Sprache hier erinnert nicht nur an die der Bibel, oft ja auch durch bewusste Anspielungen, sondern darüber auch an Choräle, in denen unterschiedliche Sänger beispielsweise Psalmentexte aufgeteilt aufeinander singen und so zwar aneinander vorbei, aber gleichzeitig miteinander und aufeinander bezogen singen. Oder sie erinnert an die großen antiken Epen, wer einmal die „Odyssee“ in einer Übersetzung gelesen hat, die sich um sprachliche Nähe zum altgriechischen Text und seinen Sprachbildern bemüht wie etwa die von Wolfgang Schadewaldt, weiß, was ich meine; auch hier findet man nicht nur diesen ganz eigenen Satzbau, sondern auch die wiederkehrenden Motive, die vermutlich ja bei den antiken Epen als Gedächtnisstütze für den Sänger dienten, so wie die Motive hier als Assoziationsbrücken für Valmira und Senthil dienen. Varatharajah löst in seinem Buch die rein erzählende Prosa-Sprache wieder in Richtung Lyrik hin auf, das macht das Buch so ungewöhnlich und so schön.

Und in diesem ganz eigenen Verständnis von Sprache und in diesem ganz eigenen Umgang mit Sprache befinden sich Valmira und Senthil in einem wortlosen Einverständnis über den Weg, der noch vor ihnen liegt: „bis zur äußersten bedeutung müssen wir gehen und es wird nicht weit genug gewesen sein. wir gehen.“ (S. 150) Die geographische und die sprachliche Ortlosigkeit gehören zusammen.

Der vorletzte nummerierte Satz im „Tractatus logico-philosophicus“ von Wittgenstein ist: „Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Es muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinausgestiegen ist.) Er muß diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.“

Verständnislosigkeit

„Vor der Zunahme der Zeichen“ enthält so viele Motive und Bedeutungsebenen, dass es sogar mir auffällt. Das ist ein sehr kluger, bis ins Detail durchkomponierter Roman in einer sehr schönen und mutigen Sprache, der durchaus eine Wirkung auf den Leser hat, auch eine emotionale. Umso ärgerlicher ist es, wenn Rezensenten Kommas zählen, sich darüber beschweren, dass der Autor nicht zu einer „dem Medium angemessenen Sprache“ fände (als ob irgendjemand Texte lesen wollte, die emoticons und „lol“s enthalten; nahezu empörend unreflektiert ist hier vor allem das vollkommene Unverständnis der Sprachreflexion, die der Roman leistet) oder immer immer immer wieder so tun, als würde der Autor den ganzen Roman in Kleinbuchstaben schreiben (was er ja eben nicht tut, nur eine Figur schreibt in Kleinbuchstaben), und zwar nur deswegen, weil das angeblich auf facebook so üblich sei. Jugendliche, die Thomas Mann oder Lessing lesen müssen, äußern sich in ähnlich weit reflektierter Weise beleidigt über die komplexe Sprache, die ja gemeinerweise das Lesen erschwere, wie es einige Rezensenten tun, als hätte eine solche Sprache keinen ästhetischen Eigenwert. Bei allem Verständnis ist es schon ein bisschen peinlich, wenn sich Kulturjournalisten über zu viel Tiefgang und zu komplizierte Sätze beschweren. Vermutlich würden diese Leute auch niemals Thomas Bernhard, James Joyce oder irgendein Gedicht dieser Welt lesen, weil das versteht man ja nicht gleich auf Anhieb und es eignet sich nicht für eine entspannte Zuglektüre.

Stattdessen könnten doch diese berufsmäßig und bezahlt über Literatur schreibenden Journalisten mir mal einen Gefallen tun und für mich darüber nachdenken, was es zu bedeuten hat, dass genau beim Abschicken der Nachricht, in der Senthil den Romantitel erklärt, die Internetverbindung unterbrochen wird. Valmira erhält die Nachricht nicht, die zweite Fassung der Nachricht, die Senthil schreibt, ist kürzer, die Passage, die auf den Romantitel anspielt, fehlt. Das wäre schön, wenn sich jemand zum Beispiel hier wirklich mal mit dem Text auseinandersetzen würde. Danke.

Ich habe seit wirklich langer, langer Zeit keinen so – gerade sprachlich – bemerkenswerten Debütroman gelesen (bin mir unsicher, ob ich das je habe) und wer ihn nicht liest, sollte seine Alphabetisierung an jemanden spenden, der damit besser umzugehen weiß.


13 Gedanken zu “Senthuran Varatharajah – Vor der Zunahme der Zeichen

  1. Kennst du Claus Heck, bzw. Alea Torik? Hat ebenfalls gebloggt und unter diesem Namen zwei Romane veröffentlicht. Die habe ich nicht gelesen, bin aber überzeugt, dass sie sehr lesenswert sind, wenn man diese Art Literatur schätzt. An ihn erinnert deine Rezension in mehrerlei Hinsicht: Einmal ist er Senthuran Varatharajah im Rahmen eines Stipendiums begegnet und hat seine Arbeit sehr geschätzt. Vor allem aber hat er sich in seinen Blogeinträgen ähnlich ernsthaft und tiefgründig mit Literatur auseinandergesetzt. Lange Rezensionen liest man ja oft, aber meist wird sehr viel geplaudert und ohne weiteres könnte man einen halb so langen Text schreiben, in dem genau so viel über das Buch steht, man aber weniger über das Befinden des Kritikers erfahren würde, was ja auch nicht falsch sein muss. Ich würde mich freuen, wenn ich ihm eine aufmerksame, dankbare Leserin zuschanzen könnte. Verantwortung übernehme ich jedoch keine.

  2. Eine tolle Rezension und der Hinweis auf Wittgenstein hat mich gedanklich über das Buch weitergebracht. Einiges bleibt unscharf… zum Beispiel der vielleicht ironischer Titel. Was hältst Du davon?

    1. Dankeschön! Hm, Ich denke nicht, dass der Titel ironisch gemeint ist. Die Wendung kommt ja auch im Buch vor, wenn die Mutter von Senthil dem Vater als zunehmend junge Tamilen verschwinden rät, er solle gehen, bevor die Zeichen zunehmen. Varatharajah sagt ja immer wieder, dass der Roman eigentlich das Verhältnis von Sprache und Tod reflektiert, und ich denke, darauf bezieht sich der Titel: Beispielsweise indem vor der Zunahme der sprachlichen Zeichen in Form des Erlernens einer weiteren Sprache (Deutsch) für die Familien die Bedrohung durch den Tod steht. Oder?

      1. Ja, ich hatte gestern die Möglichkeit, S.V selber zu fragen (ich habe das Buch für ein Seminar an der FU eingeladen, und unserer Prof hat ihn eingeladen zum Gespräch). Er hat auch auf diese Stelle hingewiesen (S. 81) und ziemlich das bestätigt, was du beschrieben hast. Starke Interpretation! Ich hatte „Zeichen“ anders verstanden.
        Cool. Dein Blog finde ich auch gut… freue mich auf weitere Posts. 🙂

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