Zehn Jahre schrieb Chad Harbach an diesem mit Vorschusslorbeeren übergossenen und hochdotierten Debutroman. Zehn Jahre, die der Autor offensichtlich gut investiert hat, denn „Die Kunst des Feldspiels“ ist ein sehr schönes Buch geworden.
Im Zentrum des Romans und der Figurenkonstellation steht Henry, ein begnadeter Baseballspieler, der sich nichts weiter wünscht, als Baseball zu spielen. Dies scheint ihm auch zu gelingen – zunächst. Um Henry gruppieren sich Personenpaare, deren Entwicklungen als Figuren maßgeblich durch das plötzliche Versagen von Henrys Talent angestoßen werden: Da ist zum einen der Präsident der Universität, dessen Selbstbild und Lebensorientierung durch Henrys Zimmermitbewohner Owen ins Wanken gerät, und zum anderen dessen Tochter Pella, die sich auf der Suche nach ihrem Weg im Leben in Mike Schwartz, den Entdecker und Förderer Henrys, verliebt. All diese Figuren ringen mit sich selbst und ihren Zweifeln um ihren Platz in der Welt, um ihren persönlichen „amerikanischen Traum“ – so ist „Die Kunst des Feldspiels“ nicht nur ein Sportroman, sondern auch ein Entwicklungsroman.
Geschrieben ist der Roman in einer sehr schönen, fließenden Sprache, so dass als einzige Kritikpunkte die (zugegebenermaßen natürlich vom nicht-amerikanischen Blickpunkt aus beurteilt) letztlich unkritische Zustimmung zum und Einfindung in das amerikanische Leistungssystem („Das hier ist Amerika. Gewinner gewinnen. Und Verlierern verpasst man einen Arschtritt.“, S. 57) sowie die etwas überstarke Konstruiertheit der Figuren bleiben: Die meisten Figuren sind schlicht zu glatt, zu einfach, nicht immer sind die Figuren in ihrem Handeln und Denken realistisch (insb. Pella, die einzig zentrale Frauenfigur). Einzig wirklich als tragisch Figur, die mit ihrer inneren Zerrissenheit und ihren Fehlern tatsächlich zu kämpfen hat, tritt Mike Schwartz auf, die einzig vielschichtige Figur ist Guert Affenlight, der Präsident der Universität, der versucht, mit seinem erschütterten Leben zurechtzukommen. Bei allen anderen Figuren scheinen die Störungen von außen auf sie trotz (oder gerade wegen?) ihrer ständig herbeibeschworenen Attraktivität, Intelligenz, Begabung einzudringen, sie leiden zwar an ihnen, scheinen aber auch keinen direkten Einfluss nehmen zu können, bleiben passiv, haben nicht einmal einen Ursprung für diese Störung in ihrem Innen, die sie verzweifeln lassen würde, und sind eben damit etwas zu glatt, zu makellos. Daraus resultiert der Eindruck, dass der Roman stellenweise zu seicht geraten ist, insbesondere in Bezug auf die emotionale Ausgestaltung der Figuren.
Man beendet das Buch zwar mit einem guten Gefühl (und dem schlechten Gefühl, wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte der literarischen Anspielungen dieses Romans als solche erkannt zu haben), vieles hallt auch noch nach, ein wirklich großer Roman ist es aber nicht. Es ist aber trotzdem ein intelligenter, unbedingt lesenswerter Roman, auch für nicht-Sportbegeisterte. Vielleicht einfach ein ziemlich guter Roman, den man mit Gewinn liest. Und das ist doch Grund genug, um ihn zu lesen.